WAS MIT „KABBALA“ ALLES GEMEINT IST
Der nachfolgende Text stammt aus der Broschüre, die ich am 18.1.2003 zur Eröffnung der Kabbala-Akademie Biel publiziert hatte und deren 1. Semester ("Kabbala-Grundkurs") am 2.4.2003 begann. Als ich am 7.8.2008 bei Google den Suchbegriff "Kabbala-Akademie" eingab, fand ich dort auf der ersten Seite den Text "Was ist überhaupt Kabbala?". Als ich mir das näher ansah, stiess ich auf meinen nachfolgenden Text, der irgend jemand - offenbar ohne jegliche Adresse - ins Internet gestellt hatte.
Fangen wir zur Beantwortung dieser hochbedeutsamen Frage erst einmal mit dem an, was andere hierzu im Internet zu sagen haben:
Auf der homepage www.hagalil.com von haGalil onLine® wird zunächst unterschieden in die theoretische, meditative und magische Kabbala und dann heisst verblüffenderweise: „Wenn Sie nicht schon sehr gute Kenntnisse zu Thorah und Talmud besitzen, sollten sie sich gar nicht erst mit der Kabbalah beschaeftigen. Erstens werden Sie nicht viel verstehen, zweitens werden Sie vieles falsch verstehen und drittens werden Sie gar nicht beurteilen koennen ob die folgenden Seiten ueberhaupt serioese Inhalte anbieten.“
Mein Kommentar: Das Zitat belegt, wie wichtig eine Kabbala-Akademie ist, die die Kabbala als Technik und parallel dazu die Tora als Exegeseobjekt interessierten Personen näher bringt, die völlig ohne Vorkenntnisse sind. Zur Sache: Wenn die „Kabbala“ in „theoretisch“, „meditativ“ und „magisch“ gegliedert wird, muss hier darauf hingewiesen werden, dass zur Vervollständigung noch „rabbinische“ und „heilende“ Kabbala fehlen.
Auf der Homepage http:// kabbalah-web.de der „Kabbala Studiengemeinschaft ‚Bnei-Baruch’“ lassen sich überraschend viele „einführende Texte“ und „Texte für Fortgeschrittene“ abrufen sowie ein Kabbala-Lehrgang in 10 Lektionen. Die nachfolgende Textprobe ist der Beginn der 5. Lektion dieses Kabbala-Lehrgangs:
"Wiederholen wir: Die Schöpfung entspricht dem Licht, das vom Schöpfer ausgeht, vom Verlangen Vergnügen zu bereiten. Dieser Vorgang wird durch den Ausdruck 'Bchinah Shoresh' bezeichnet (Aspekt der Wurzel). Es baut unter sich das Verlangen Vergnügen zu empfangen, 'Bchenah Alef' auf, welches, nachdem es sich mit Licht gefüllt hat, sich das Verlangen Vergnügen zu bereiten, also ohne Vorbehalt zu geben, vom Licht entleiht. Dieser Vorgang entspricht 'Bchinah Beth'. Allerdings hat dieses Verlangen nichts zu geben, es versteht, dass es nur Vergnügen unter der Bedingung bereiten kann, einen Teil des Lichtes für sich selbst zu akzeptieren."
"Wiederholen wir: Die Schöpfung entspricht dem Licht, das vom Schöpfer ausgeht, vom Verlangen Vergnügen zu bereiten. Dieser Vorgang wird durch den Ausdruck 'Bchinah Shoresh' bezeichnet (Aspekt der Wurzel). Es baut unter sich das Verlangen Vergnügen zu empfangen, 'Bchenah Alef' auf, welches, nachdem es sich mit Licht gefüllt hat, sich das Verlangen Vergnügen zu bereiten, also ohne Vorbehalt zu geben, vom Licht entleiht. Dieser Vorgang entspricht 'Bchinah Beth'. Allerdings hat dieses Verlangen nichts zu geben, es versteht, dass es nur Vergnügen unter der Bedingung bereiten kann, einen Teil des Lichtes für sich selbst zu akzeptieren."
Mein Kommentar: Wenn Sie das verstanden haben, sind Sie nicht gesegnet, sondern - mit Verlaub - geistig behindert. Texte dieser Art werden Sie in der Homepage der Kabbala-Akademie Biel, sofern sie von mir stammen, nicht finden. Dort wird nur Klartext gesprochen und überdies richtiges Deutsch angewendet.
Ganz erfreulich zeigt sich dagegen die Homepage www.aish.com, wenn auch leider nur auf Englisch: „So much nonsense is presented in the name of Kabbalah“ – etwa: „Im Namen der Kabbala wird so viel Unsinn verbreitet“! Hier findet sich auch eine gute Definition: „Kabbala is the Torah’s expression of the way the world works.“ Oder: “Kabbalah is to Torah what philosophy is to science.” Das folgende Zitat könnte das Motto der Kabbala-Akademie Biel sein: „The kabbalist describes the abstract but we can still sense that there ist a concrete and solid reality that he is grappling with.“ Meinen besten Dank an Rabbi Shimon Leiberman für diese erhellenden Definitionen.
Vom erwähnten Unsinn, der unter dem Namen „Kabbala“ verbreitet wird, berichtet uns www.xs4all.nl, das ebenfalls auf dem Bildschirm erscheint, wenn man „google“ den Such-auftrag „Kabbala“ eingibt. Dann heisst es: „Welcome to Kabbala Siewert, the site with the free love und relation test based on the ancient art of numerology … Kabbala Siewert calculates your secret numbers.“ Daneben sieht man die Abbildung einer altägyptischen Pharaonenfigur, darunter blanken Busen und den Text „Amore Online“.
Die „Kabbala Lebensanalysen“ tauchen unter http://home.t-online.de auf und dort wird eingangs gleich gefragt: „Sie stecken in einer Lebenskrise? Sie wollen den Sinn Ihres Lebens finden? Sie wollen endlich wieder gesund werden? Ja, dann sind Sie hier richtig!“ 3997 Besucher haben das bis zum 31.12.02 schon gelesen. Gelesen haben viele davon auch, was dann unter dem Titel „Das Kabbala Energiebild“ zu finden ist: „Wenn Sie nun diese Lernaufgaben angehen und die Energie praktisch verbrauchen, ist Ihre Seele zufrieden. Wenn Sie das aber nicht tun, dann öffnet sich ein Passionsweg, der auf bestimmte Körperteile und Organe hindeutet. Dort macht sich dann die nicht verbrauchte Energie störend bemerkbar und dort haben Sie dann Ihr Leiden und Ihre Krankheit.“
Mein Kommentar: Die Aussage ist irreführend, das Gegenteil ist der Fall. In der freien Natur herrscht das göttliche Gebot des geringsten Energieverbrauchs. Und „die nicht verbrauchte Energie“ macht sich keineswegs „störend bemerkbar“, sondern stabilisiert vielmehr das Immunsystem.
Unter http://www.newadvent.org erreicht man die Homepage von Kevin Knight, der – auf Englisch – die Katholische Enzyclopädie aus dem Jahre 1910 zum Stichwort „Kabbala“ bemüht. Mein Kommentar: Kein Kommentar!
Unter der Adresse www.kabbala.ch erreicht man last, but not least, die Homepage von Tony Bührer in CH-Altendorf, die mit der Behauptung beginnt: „Die jüdische Zahlenmystik (Kabbala) bestätigt Jesus als den verheissenen משיח Messias.“ Der Autor, des Hebräischen nicht mächtig, hat eine eigene Kabbala („weltweit die erste und einzige christlich geprägte Zahlenmystik“) erfunden und widmet das betreffende Buch seinem „Vater, einem frommen Juden, vergast in Auschwitz“. Ist das eine Legitimation für Mumpitz?
WEITERE ANNÄHERUNGEN ANS INTERNET
Soweit der Originaltext vom Januar 2003, den ich geringfügig aktualisieren musste. Sie können nun selbst einmal bei Google unter der Rubrik "Web" den Suchbegriff "Kabbala" eingeben. Dann haben Sie Zugriff auf gegenwärtig 1'070'000 Eintragungen im Internet. Ich sage Ihnen jetzt bereits, dass nahezu alle dieser Beiträge Sie auf den kabbalistischen Holzweg führt, auch wenn das Thema in der unterschiedlichsten Art und Weise aufbereitet wird und man sehr oft den Eindruck eines wirklich seriösen Anbieters bekommt. Das ist die Dornenhecke, die die böse Fee um das Schloss von Schneewittchen errichtet hat und in der alle selbsternannten "Erlöser", die von aussen eindringen wollen, stecken bleiben. Doch die wahre Erlösung kann nur von aussen kommen und nicht von einem, dem dieses Wissen durch Eingeweihte vermittelt wurde.
Interessant ist auch, bei Google unter der Rubrik "Bild" das Wort "Kabbala" einzugeben. Dann erhält man Zugriff auf gegenwärtig 41'800 Beiträge. Das sind zwar alles hochinteressante "Eye-catcher", doch kein einziger Beitrag führt zur wahren Erkenntnis, sondern jeder für sich trägt dazu bei, dass beim Suchenden die Verwirrung schliesslich irreversibel geworden ist.